
Als Schiedsrichter zur Europameisterschaft
Masters-EM – internationale Messlatte für Schiedsrichter
10. September 2025
Als Schiedsrichter zu einer Hockey-Europameisterschaft – klingt fantastisch! Aber Masters T4, also die über 65- bis über 80-jährigen – klingt nicht gerade nach einem sportlichen Höhepunkt. Weit gefehlt, das konnten die gut 35 Umpires bei der jüngst abgelaufenen Masters-EM in Ludwigsburg feststellen. Aus knapp einem Dutzend Nationen und drei Kontinenten waren sie angereist und stellten sich unter Beobachtung eines Umpire-Managers und seiner Assistentin der Herausforderung des Länderwettkampfs. Eine Altersspanne von gut 50 Jahren zeichnete das Team der Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter aus, die im Verlauf der Turniertage zu einem sportlichen Freundeskreis zusammenwuchsen.
Allen war von Anfang an bewusst, dass man in jedes Masters-Spiel mit derselben hundertprozentigen Konzentration gehen muss wie bei Spielen junger Erwachsener. Klar, das läuferische Tempo nimmt im Alter ab, aber das spielerische Tempo wird auch durch Handlungsschnelligkeit und Ballgeschwindigkeit bestimmt und da ist bei den Alten durchaus nicht alles langsam. Bei Zweikämpfen ist genauso zwischen absichtlichen und unabsichtlichen Regelverstößen zu unterscheiden wie bei Jüngeren und dichtes Gedränge im Schusskreis erfordert ein gleichermaßen gutes Auge. Gute Kommunikation mit den Spielern gilt heute als eines der wichtigen Leistungskriterien von Schiedsrichterinnen und Schiedsrichtern, was in höheren Altersklassen insofern eine Herausforderung sein kann, da das Gehör dem natürlichen Prozess folgend nachlässt. So fordern Ü-80-Spiele, die bei weitem keine Steh-Spiele sind, in besonderem Maß da Fingerspitzengefühl eines Umpires.
Die Rahmenbedingungen einer Masters-EM ähneln sehr denen der großen Hockey-Events auf internationaler Ebene. Bereits im Januar erfolgte die Nominierung nach einer recht umfangreichen internetgestützten Bewerbung. Umfangreiches Videomaterial zur Regelanwendung ging einem dann per Mail zu, zwei Briefings im Vorfeld des Turniers fanden per Videokonferenz statt. Anreise war einen Tag vor EM-Start mit einem kurzen Briefing und Bekanntgabe der Ansetzungen für den ersten Spieltag – je Spiel zwei Schiedsrichter und ein Reserve-Umpire. Jedes Spiel wurde beobachtet und im Anschluss gab es ein Debriefing mit dem Schiedsrichtergespann. Und zum Abschluss des Turniers erhält jeder Umpire als Bewertung den international gebräuchlichen „Performance Report“. Zehn Spiele in zehn Tagen, jedes unter genauer Beobachtung mit anschließender Selbsteinschätzung und Kritik – auch damit muss man lernen umzugehen. Ein Masters-Turnier wie die EM in Ludwigsburgs kann durchaus auch für Schiedsrichter und Schiedsrichterinnen auf Regionalliga-Niveau die Möglichkeit bieten, ins internationale Geschäft reinzuschnuppern.
In den Tagen nach dem Turnier herrschte unter den Schiedsrichtern noch ein reger Austausch via Chatgruppe, angereichert mitunter durch private Dinge. Ein Zeichen für das sehr gute Verständnis untereinander. In der Natur eines solchen Turniers liegt es allerdings auch, dass man als Spieler eine durchaus unterschiedliche Sicht auf die Schiedsrichter haben kann. Klar war aber auch, dass „je älter, je schwächer“ keine gültige Formel für die
Leistungsbeschreibung ist. Der älteste mit 82 Jahren, der zum Aufwärmen schon mal zehn Kilometer vom Hotel zum Platz zu Fuß zurücklegte, hatte auf dem Platz stets alles im Griff.